Prima la musica e poi le parole


Handlung | Historischer Kontext | Entstehung | Besetzung | Rezeption | Metamelodramma und Intertextualität


Historischer Kontext

Am 7. Februar 1786 fand in der Orangerie von Schönbrunn eine denkwürdige höfische Festivität statt, in deren Mittelpunkt die Aufführung zweier musikdramatischer Werke stand: Wolfgang Amadé Mozarts Der Schauspieldirektor und Antonio Salieris Prima la musica e poi le parole. Anlass für dieses Fest war der Besuch der Generalgouverneure der k. k. Niederlande, also der Schwester des Kaisers Joseph II., Marie-Christine, und ihres Mannes Herzog Albert von Sachsen-Teschen. In die Orangerie waren zwei Bühnen, besser: Podien eingebracht worden: Am äußeren linken Rand des Saales befand sich die Bühne für das italienische Ensemble der Hofoper, auf der rechten Seite diejenige für das deutsche Ensemble. Die zeitgenössischen Quellen1 beschäftigen sich vorwiegend mit dem gesellschaftlichen Charakter dieses ‚Events‘:

Diese [die Orangerie] war zum Empfang dieser Gäste auf das herrlichste und zierlichste zum Mittagsmahle eingerichtet. Die Tafel unter den Orangeriebäumen war mit einheimischen und fremden Blumen, Blüthen und Früchten auf die angenehmste Weise besetzt. Während dem Se. Maj. mit den hohen Fremden und den Gästen das Mahl einnahmen, ließ sich die Musik der Kaiserl. Königl. Kammer auf blasenden Instrumenten hören. Nach aufgehobener Tafel wurde auf dem an einem Ende der Orangerie errichteten Theater ein neues für dieses Fest eigens komponirtes Schauspiel mit Arien, betitelt: Der Schauspiel-Direktor, durch die Schauspieler von der K. K. Nazionalbühne aufgeführt. Nach dessen Ende wurde auf der wälschen Bühne, die am andern Ende der Orangerie errichtet war, die ebenfalls ganz neu für diese Gelegenheit verfaßte Opera buffa, unter dem Titel: Prima la Musica e poi le Parole, von der Gesellschaft der Hofoperisten vorgestellt. Während dieser Zeit war die Orangerie mit vielen Lichtern an Lustern und Plaken auf das herrlichste beleuchtet.2

Die mit den Werken einhergehende rivalisierende Konstellation betrifft weniger die Musiker Mozart und Salieri, sondern in erster Linie die damit verbundenen Truppen, d. h. die italienischen „Hofoperisten“ sowie das deutsche Singspiel-Ensemble. Diese Rivalität wurde durch eine strukturelle Veränderung im Wiener Theaterleben befördert, nachdem Joseph II. der deutschen Truppe das Kärntnertortheater ‚zugewiesen‘ hatte, wo sie zwischen 1785 und 1788 agierte. Trotz der manifesten kompetitiven Situation war die Veranstaltung in der Orangerie in erster Linie eine Demonstration der immensen künstlerischen Qualität der in Wien ansässigen Kompanien.



1 Mozart: Die Dokumente seines Lebens, hrsg. von Otto Erich Deutsch, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Serie X (Supplement), Werkgruppe 34 (Kassel: Bärenreiter, 1961), S. 229–235, 522–523.
2 Wiener Zeitung, Nr. 11, Mittwoch, 8. Februar 1786, S. 281–282.